Schach - Spieltag 6

Manchmal wiederholt sich Geschichte scheinbar doch, denn da haben wir uns mehr oder weniger mal wieder selbst geschlagen! Mindestens ein Remis war drin gegen Stetten. Dass ich auch zu den Kandidaten gehöre, die ein besseres Ergebnis hätten erzielen sollen/dürfen/wollen/können, ist mir selbst heute noch gegenwärtig! Aber nun zum Wettkampfgeschehen.

Herbert wählt zunächst die sizilianische Sozin- und Richter/Rauser-Variante, um dann doch nach wenigen Zügen davon abzuweichen. Gemäß dem Motto: „Mein Freund, grau ist alle Theorie, lass uns lieber Schach spielen J. Und sein Gegner spielt dann Schach und provoziert Herbert durch Te3-g3 zu g7-g6. Sd7-e5 mit Angriff auf einen ungeschützten Läufer wäre unter gleichzeitiger Verstärkung des eigenen Königsflügels die bessere Wahl gewesen. So sieht Herberts Bauernstruktur nach 14 Zügen irgendwie seltsam aus; je ein Bauer auf a7 und h7. Die restlichen Bauern auf der 6. Reihe – von c6 – g6. Dazu ein unrochierter König und die Läufer haben das Licht der Aktivität auch noch nicht erblickt, verharren mehr oder weniger in ihren Ställen.

Andreas sieht sich mit den schottischen Bravehearts konfrontiert. Sein jugendlicher Gegenspieler scheut kein Risiko und Andreas nimmt den Fehdehandschuh auf. Es entwickeltes sich durch die geöffnete d- und die halboffene e-Linie in Bälde ein offener Schlagabtausch, zunächst in gesittetem Zustand, später jedoch mehr und mehr unter Ausnutzung jeglicher Gemeinheiten und Fallenstellen. Schon bald sind höchstpersönlich Queen Elizabeth I und ihre Gegenspielerin Maria Stuart tief ins Geschehen verwickelt, beide scheuen sich nicht, den gegnerischen Monarchen auf die Pelle zu rücken bzw. sich schützend vor diesen zu werfen. Das Fußvolk wird gänzlich seinem Schicksal überlassen, Hauptsache die Offiziere und die Anführer tummeln sich offen in der Mitte des Geschehens. Aber noch hält sich das Kriegsglück zurück, die Waagschale bleibt ausgeglichen.

Hanns-Rainer hat sich mit Herrn Alapin auf Sizilien angefreundet – ein bei uns bisher noch recht unbekannter Nachbar. Aber interessanter Nachbar, der Herr Alapin, der sich in der Höhle e2-e4, c7-c5, c2-c3 versteckt. Scheint ein sehr mutiger Freund zu sein, der Herr Alapin. Stets aktiv nach vorne guggend, Rückzüge mag er nicht und so kann Hanns-Rainer nach der Eröffnung mit seinem Aufbau recht zufrieden sein. Die beiden Bauern auf d4 und e4 strahlen schon eine gewisse Macht aus, da sie Hanns-Rainer zu Raum verhelfen könn(t)en. Nur müsste sich einer dieser Bauern auch im rechten Moment nach vorne wagen. E4-e5 wäre ein Bombenzug. Aber im rechten Moment halt, und der rechte Moment wäre ein Zug eher als tatsächlich gewesen. So kann sich die schwarze Dame der unterschwelligen Angriffsdrohung des Turmes auf c1 durch Dc7-d7 entziehen. Ob dann kommt, was kommen muss?

Dass es einen „Trainer“ das Herz höher schlagen lässt, wenn man als ebendieser hautnah mitverfolgen kann, wie ein „Zögling“ das Präsentierte sich zu Herzen nimmt und auch noch erfolgreich umsetzt, möge man mir nachsehen. In diesem Fall ist’s Sebastian, der mustergültig (ok, es wird eingeräumt, dass Schwarz im 7. Zug durch Lc8-g4 Dd1-f3 parieren will) den genannten Fehlzug mittels Lc4xf7+ bestraft und dauerhaft und konzentriert spielend einen schönen Sieg erreicht. Den König so hinter seinen Verteidigungslinien hervorziehend, offene d- und e-Linien für seine Türme schaffend, ist das süße Mahl angerichtet. Nur noch ruhig zu Ende spielen und Schwarz hat keine Chance mehr.

Die Stettener Jugend ist echt firm, was Endspiele angeht. Diese Erfahrung darf auch Michael an diesem Tage machen, als er sich mit Jule Binner einer talentierten und versierten Gegnerin konfrontiert sieht. Vorsichtig und auch wieder unvorsichtig tasten sich die Beiden ab, kommen sich näher. Schon früh fällt Michaels Springer nach g5 aus. Hat er da was verloren, bevor die eigene Entwicklung abgeschlossen ist? Na zumindest muss sich Schwarz um Bauern h7 kümmern. Oder man ignoriert das und wird als Schwarzer mittels Sc6-d4 selber aktiv. Aber sicherheitshalber bringt Schwarz den bedrohten h-Bauern mittels h7-h6 vorwärts in Sicherheit. So Michael, jetzt ganz genau auf’s Brett guggen, überlegen und rechnen. Unrochierter König. Schwache und deshalb angreifbare Bauernstruktur f7, e6 und d5. Deine Dame guggt nach g6. Da könnte man ja mal über ein „Opfer“ nachdenken. Sg5xe6 f7xSe6, Dg3-g6+ Ke8-d8 nebst Sc3xd5 und dann lassen wir uns zeigen, wie lange Schwarz noch seinen König schützen kann. Aber so viel Optimismus traut sich Michael wohl doch nicht zu und kehrt mit seinem Springer wieder zurück in heimatliche Gefilde. Die Schärfe ist dem Spiel erstmal genommen.

Ich finde mich in der slawischen Verteidigung wieder. Obwohl ich diese Variante dieser Variante noch nie in einem Wettkampf auf dem Brett hatte, gelingt es mir, das gegnerische Sf3-h4 im 9. Zug mittels Sf6-e4 zu widerlegen. Das bringt ihn schon nach so wenigen Zügen tüchtig in Schwulitäten, ist doch Lf8-b4 wegen der Dame auf d2 stets eine unterschwellige und wirksame Drohung. So muss Weiß auf seine 0-0 verzichten. Die Dame ist wichtiger als die Rochade. So steht der König auf e2 mehr oder weniger schon fast frei zum Abschuss. Nur schon so früh mittels g7-g5 zum Angriff blasen? Ist das wirklich spielbar? G7-g5 im 18. Zug müsste mir einen Bauerngewinn einbringen, da nach Lf4-e5 Sc6xLe5, d4xSe5 Sg6-g4 den Bauern auf e5 auf’s Korn nimmt. Huch, dann kann er ihn ja noch mit f2-f4 decken. Also diese Idee verwerfen. Hätte ich sie nur mal riskiert. F2-f4 verbietet sich wegen Db6xe3+ mit Matt in zwei Zügen. Man darf auch mal auf sein „Blitzgefühl“ vertrauen. In einer Blitzpartie hätte ich das einfach ausprobiert. Aber nun ja, verlieren werde ich diese Partie zumindest deswegen nicht, hoffen wir mal.

Sergey hat eine Variante entdeckt, bei der er glaubt, den Mehrbauern, den er in einem angenommenen Damengambit „erobert“ hat, auf Dauer nicht nur zu behalten sondern dadurch/damit auf Sieg spielen zu können. Und in der Tat entbrennt ein heftiger Kampf um die (Rück-) Eroberung des Gambitbauern. Einfach ist es nicht für Weiß, aber machbar. Aber schafft es Weiß? Kann Sergey sich und seinen treuesten Bauern auf c4 behaupten?

Thomas durchlebt an diesem Sonntag alle Höhen und Tiefen (v. a. Tiefen), die eine Schachpartie mit sich bringen kann. Eigentlich erlebt er mehr als das; er durchlebt alle Unhöhen und Untiefen, die man sich nicht mal mehr vorstellen kann. Und das, obwohl er seine Lieblingsaufstellung erreicht. Alles steht und geht gut, bis zu Sf6xe4. In diesem Moment zeigt die ganze Feingliedrigkeit der Stellung. Plötzlich gibt es zwei Varianten des Rückschlagens, die exakt durchzurechnen sind. Lc2xSe4 ist die ruhige und sichere. Lg5xLe7 die explosive. Thomas wählt diese. Um nach der Antwort Se4xSc3 unendlich lange rechnen und überlegen zu dürfen. Kostbare Zeit, wie wir alle wissen.

Bei Herbert gehen dann recht schnell die Lichter aus, auch wenn er noch verzweifelt versucht, seinem Gegner das Leben schwer zu machen. Aber die geschilderte Bauernstruktur ist stark anfällig, v. a. als Herbert dann noch mit dem d-Bauern statt des f-Bauern den Läufertausch auf e5 abwickelt. Als ganz verheerend erweist sich der vermeintliche Befreiungsschlag bzw. –zug f6-f5. Freudestrahlend nimmt Weiß das Angebot an, schlägt e4xf5, um nach e6xf5 mit seiner Dame von g4 nach c4 zu rutschen. Und was macht die Dame da wohl? Nun ja, sie nimmt den noch gesicherten Bauern auf c6 ins Visier. Gleichzeitig unterstützt durch Lb3 gehört diese Diagonale nach g8 durchgehend nun Weiß. Le7-d6 ist der letzte Schutzwall. Die Dame schützt f7, der Läufer e6 und Weiß hat somit keine akuten Drohungen gegen Herbert. Aber Th8-f8 ermöglicht einem bisher ganz unscheinbaren Ross auf c3, mit Vehemenz, Freude und Leidenschaft (oh ja, der schafft nun Leiden auf Herberts Seiten) nach d5 zu trippeln und bereits im 19. Zug eine desaströse - weil Herberts Stellung zerberstend - Wirkung zu erreichen. Nur dem Gegner ist es zu verdanken, dass Herbert letztendlich mit einem Turm und Läufer gegen eine Dame weiter kämpfen darf. Das hätte schon früher zu Herberts königlichen Exitus führen können. Aber so gönnt sich die weiße Herrscherin, oh ja, sie ist die Herrscherin auf dem Felde, das Vergnügen, einen ihrer geringsten Untertanen vorwärts streben zu lassen, gibt sich dann einem Turme hin, um letztendlich diesem Untertan die unaufhaltbare Verwandlung zu Gute kommen zu lassen. Doch vorher kapituliert Herbert - 1:0.

Bei Andreas haben sich die Highlands, äh, Wogen geglättet. Den Höhepunkt der Schlacht konnte der anwesende Schlachtenmaler festhalten, als sich in einem Finale furioso nicht nur Offiziere und Kanonen hingaben sondern die beiden Königinnen Queen Elizabeth I. und Maria Stuart gegenseitig das Leben nahmen. Die verbliebenen Heerscharen müssen erstmal eine Verschnaufpause einlegen, sich neu sortieren und einen Überblick verschaffen. Je eine Kanone und ein Offizier haben das Gemetzel überstanden, das Fußvolk hat jeweils in hoher Anzahl überlebt, auf der englischen Seite 7 Stück in geordneter Anzahl, auf der schottischen Seite ebenfalls 7, allerdings strategisch leicht geschwächt, da zwei Infanteristen sich auf derselben Linie tummeln. So ist wohl für den Ausgang der Schlacht entscheidend, wie sich die beiden Offiziere bewegen. Ob sie aufmerksam genug und auf der Hut vor hinterlistigen taktischen Manövern des Gegenübers sein werden. Auch dürfen sich die bisher schlafenden „Könige“ Richtung Front bewegen. Der schwerfälligen Kanonen entledigen sich beide Heerführer, was zur Folge hat, dass nun der weiße Offizier ob seiner Wendigkeit seinem Gegenüber, der stets nur diagonal nur die Hälfte des Schlachtfeldes bestreichen kann, leicht überlegen ist. Zumal Weiß es auch mittlerweile geschafft hat, sich so zu positionieren, dass ein Infanterist von keinem gegnerischen Infanteristen aufgehalten werden kann. Nun zählt also jeder Schritt, jedes Manöver will genau berechnet sein. „Darf ich weitere Mitstreiter tauschen? Welches Feld ist wichtig, zu erobern und zu beherrschen? Wie kann ich mein Gegenüber austricksen, weil ich ihn einen Umweg machen lassen kann??“ Tja, das sind viele Fragen und somit viele Fallstricke. Und in einen ebensolchen verfängt sich Andreas. Das weiße Rössl (nicht am Wolfgangsee) springt nach h4 und bedroht Bauern auf g6 nebst Lf5. Man möchte dem Läufer zurufen: „Versteck Dich irgendwo, aber verstecke Dich! Lauf um Dein Leben! Ohne Dich ist ganz Schottland verloren!“ Aber der Läufer versteht wohl nur gälisch. Jedenfalls bleibt er stehen. Falsch berechnend, dass wohl einer seiner Infanteristen auf dem Damenflügel den Durchbruch schaffen kann, da der weiße Monar(s)ch weit genug weg sei. Aber diese Kalkulation schlägt fehl. Da hat wohl ein Schluck Wasser des Lebens (Whisky) gefehlt. Der hätte wohl zur Erkenntnis verholfen, dass nun Springer und Läufer sich auch hingeben. Und zum großen Finale stehen sich nun die beiden bisher doch recht faulen Herrscher gegenüber. Und ganz leicht kann der weiße (böse böse Engländer) König den schwarzen austempieren und seinen – bereits erwähnten – Infanteristen zur Queen Elizabeth I. (Oder müsste das nun Elizabeth II: heißen?) auferstehen lassen. Böse Welt. Wie die Geschichte lehrt, obsiegt (wieder) die (weiße) englische Tyrannei über die (schwarze) schottische Freiheitsbewegung – 2:0.

Statt den Ball im Tor mit e4-e5 im 15. Zug zu versenken, erweist sich das bei Hanns-Rainer einen Zug später nur als Lattentreffer. Und aus der Option, einen weiteren Angriff langsam in Ruhe zu initiieren, wird das Abtauschgemetzel auf der c-Linie zum Eigentor. Da erweist sich das sizilianische Catenaccio Spiel als taktische Meisterleistung des jungen Luca Steiners. Sb6-c4 ist der Öffner, um Hanns-Rainers Achillessehne zu durchtrennen. Der weiße a-Bauer ist rettungslos verloren. Also schnell den König herangeführt und mittels Ld4-c5 ein vermeintlich aufsprengungssicheres Verteidigungsbollwerk errichtet. Aber genau dieses wird die zweite Achillesferse, denn nachdem Schwarz zu a6-a5 kommt – b4xa5 verbietet sich wegen Kc6xLc5 – ist der Durchmarsch des freien a-Bauern nicht mehr zu stoppen. Und das Ende des Herrn Alapin an diesem Tag? Matt setzen lassen wir uns nicht; Aufgabe zum 3:0

Was ist in der Zwischenzeit eigentlich aus Sebastians Partie geworden? Lebt der Gegner noch oder zuckt er nur noch? Schau‘‘ma mal! Sebastian befindet sich auf der Zielgerade. Davon profitierend, dass sein Gegner wohl auch a bisl von der Rolle ist und oftmals nur noch den zweit- oder gar drittbesten Verteidigungszug findet, ist aus dem Vorteil eines Mehrbauern ein Mehrspringer geworden. Und ein weißer Bauer thront auf e7. Mann, genießt der eine Aussicht J! Zwar nicht sehr lange, aber falls man für den Bauern einen Turm erobern kann, würde ich den „eintauschen“. „He, Sebastian, hast Du bei Hanns-Rainer gespickt? Wieso machst Du den „Bombenzug“ auch einen Zug zu spät?“ Sf6-d5+ nebst Gardé gewinnt einen ganzen Turm auf e5. Ein Zug später gewinnt man „nur“ die Qualität. Reicht aber auch. Und so verkürzen wir nach 3 ½ h auf 3:1.

Wie beim geschlossenen Sizilianer üblich, verläuft Michaels Partie ohne allzu große taktische Scharmützel. Beide agieren vorsichtig. Und doch hat man als Beobachter stets den Eindruck, als würde sich die Waagschale zu Gunsten Michaels neigen. Seine Figuren sind einfach agiler; sein Bauer auf e5 ist schon ein mächtiger Stein. Die Damen werden getauscht und nun verbleiben auf Schwarz‘ Seite zwei Springer und auf weißer Seite Springer und Läufer. Diese versuchen, irgendwie einen Bauern vorbei an allen Klippen und Kanten bis auf die 8. Reihe zu bringen. Aber Jule macht das geschickt. Mit ihrem Springer baut sie eine Wippe auf f8 und h7 auf, sodass dieser vermaledeite Gaul stets sowohl die Einbruchfelder f6 und g6 als auch h7 unter Kontrolle hält. Ihrer Meinung nach totes Remis und das bringt sie auch mehrmals zum Ausdruck. Michael lehnt ob des Spielstandes ab. Wir sind schon lange in der Verlängerung, irgendwo nach dem 70. Zug und noch immer kämpft Michael um die entscheidende Idee. Aber er findet keinen Weg und so einigt man sich nach 97 Zügen auf Remis zum 3 ½:1 ½. P. S. Fritz hätte die Partie gewonnen, weil er im 61. Zug eine andere Zugfolge angegangen wäre und dann nach ca. 130 (!) Zügen eine Gewinnstellung auf dem Brett hätte.

Bei mir glätten sich auch die Wogen. Ich darf zum wiederholten Male feststellen: Nutzt man eine Chance nicht, kommt eine zweite nicht (so schnell) wieder. Meist kann sich der Gegner dann konsolidieren L. So wie auch meiner. V. a. nachdem ich auch e6-e5 verpasse, was mir die Kontrolle über ebenjenes (Schlüssel-) Feld brächte. So hat es der weiße Gaul inne. Was nach Springerabtausch auf c6 zur Folge hat, dass Weiß jetzt auch noch Druck auf der c-Linie gen c6 ausübt. Soll ich das jetzt noch ausreizen und auf dem geöffneten Damenflügel, auf dem ich mich seltenst wohl fühle, mit allen Schwerfiguren um den Sieg kämpfen. Vielleicht habe ich größere Chancen in einem Springer-gegen-Läufer-Endspiel. Also Schwerfiguren vom Brett und versucht, die eigenen Bauern auf Schwarz zu positionieren, um dann mit den Springer auf langen Wegen vielleicht noch den entscheidenden Mehrbauern zu stibitzen. Aber das wird immer schwieriger, v. a. nachdem die g- und h-Bauern auch abgetauscht werden (müssen). Letztendlich bekomme ich zwar einen Bauern, aber er opfert seinen Läufer gegen den Bauern und so ist nicht mehr zu holen als das Remis zum 4:2.

Tatsächlich, Sergey schafft es, seinen Mehrbauern zu behalten. Zwar nicht den Helden auf c4 aber dafür einen Freiläufer auf a7. Der hat zwar noch einen weiten Weg, aber selbst der kürzeste Weg beginnt mit dem ersten Schritt. Nur, der Erhalt des Bauern kostet viel Kraft. In die Schachsprache übersetzt – Kontrolle über gute und wichtige Felder. Irgendwann könnte Weiß auf a6 den Bauern zurückholen, im 27. Zug wohlgemerkt. Aber da entscheidet er sich für Da2-e2, um das Spiel auf und über die e-Linie für sich entscheiden zu können, was Sergey zu verhindern weiß. Unser sibirischer Bär wirft alles in die Waagschale, um Bauern und Stellung zu halten. Und trotzdem bekommt Weiß erneut die Chance, den Bauern wieder zu holen. Wieder aber lässt er die Chance verstreichen. So gelangt der Bauer nach b4. Und dann? Dann verlassen Sergey wohl auf Grund Zeitnot die Notationsfähigkeiten und die Partie ist nicht mehr wiedergebbar. Hätte Sergey jetzt Zeit und Ruhe gehabt, dies ob der vielen Varianten sauber zu Ende zu spielen und zu schreiben zu können, hätte es wohl geheißen: 4:3 statt 4 ½:2 ½.

Ich weiß nicht mehr, wie lange Thomas an der Stellung gerechnet und überlegt hat. Jedenfalls gelingt es ihm nicht, den Bauern zurück zu erobern. Und die Zeit verrinnt scheinbar immer schneller. 20 Züge noch zu absolvieren und geschätzte 20 Minuten für Thomas noch in Reserve. Und sein Gegner lässt ihm keine Verschnaufpause. Die Dame auf h3 kommt dem König bedenklich nahe, Läufer und Turm „glänzen“ auf offenen Linie und Diagonalen und der schwarze Springer stellt nebst den beiden Freibauern auf den b- und c-Linien die (langfristig gesehen) größte Bedrohung dar. Aber Thomas hält die Stellung. Hat nur noch keine Zeit mehr. 5 Züge und nicht mal mehr 2 Minuten. 4 Züge und weniger als 1 Minute. Da kommt man schon beim Zusehen ins Schwitzen. Sein Gegner wohl auch. Sieht nur noch, dass seine Bauern nicht mehr aufzuhalten sind und übersieht in der Hektik den Angriff auf seinen Turm. Schwupp, Thomas’ Springer schnappt sich diesen. Schwarz überlegt und zieht b5-b4. Der Verlustzug für Schwarz. Aber finde mal bei 30 Sekunden und drei ausstehenden Zügen den einen Gewinnzug. Ta7-c7 wäre es gewesen. Aber Thomas braucht noch 2 Züge und mit vier, ich wiederhole mich, vier verbleibenden Sekunden auf der Uhr schafft er die Zeitkontrolle. „Thomas, Du darfst erstmal aufstehen und eine rauchen gehen.“ Noch nie habe ich einem Schachfreund so sehr die Zigarette dazwischen gegönnt, wie Dir, Thomas in diesem Moment. Aber leider ist nun nicht mehr zu verhindern, dass Schwarz sich eine Dame auf’s Brett stellen kann. Dame und Springer gegen Thomas‘ Turm und Springer. Das ist eindeutig verloren. Schwarz braucht nur seine schöne Dame gegen Thomas‘ Springer und Turm tauschen und der schwarze Springer erledigt den Rest. Aber Schwarz verfolgt eine andere Strategie, will mit Dame gegen Turm gewinnen. Und überlässt Thomas so die Chance, sich mittels des Turmes auf der f-Linie eine Festung zu bauen. Tf1-f2-f4. Und im Schutze des Turmes den König auf g2 und g1 wandern zu lassen. Schwarz findet den Gewinnweg nicht – kein Wunder nach der Hektik und der Partielänge. Letztendlich wird Dame gegen Turm getauscht, in der Hoffnung, dass man mit zwei Bauern einen siegbringenden Durchbruch gegen einen weißen Bauern schafft. Doch auch diese Idee scheitert letztendlich, da die Konzentration wohl endgültig ihren Geist aufgegeben hat. So endet die Partie Remis und der Wettkampf 5:3.

Wie gesagt, dumm verloren ist auch verloren. Andreas‘ Remis, mein Sieg, Michaels Sieg, wenn auch erst im 130. Zug J und wir hätten einen erfreulicheren Heimweg gehabt. So müssen wir nun bis zum letzten Spieltag hoffen und bangen. Gegen Rottendorf dürfen wir nochmal alle Energie bündeln. Ich würde mich sehr freuen, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen – Klassenerhalt sichern und Rottendorfer Meisterschaft verhindern. Das wäre ein feines (nachträgliches) Geburtstagsgeschenk und das gemeinsame Abendessen danach würde dreimal so gut schmecken J!

 

Mc Hofi

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