Schach - Kreisliga 3. Spieltag

TSV Lengfeld/Schernau (1373) – Zellingen/Erlabrunn (1472) – 2 : 6

10.11.20219: Propheten unter sich …

Wir beiden Mannschaftsführer, Stefan Herrmann und ich, waren uns vor dem Wettkampf einig. „Heute geht’s um den Klassenerhalt! Wer heute verliert, wird es mehr als schwer haben, da unten wieder raus zu kommen.“ Blöd nur, wenn der Prophet doch stets recht Behält, irgendwie…. Dass wir aber – und da schließe ich mich mit ein – dann doch quasi chancenlos waren, in so gut wie keinem Spiel wirkliche Siegeschancen erspielen konnte, das hat mich dann doch überrascht.

Beginnen wir bei Peter. Er spielt gegen Ludwig Gerhard. Einer der Spieler, gegen den meiner Meinung nach Peter gut bestehen kann. Er beginnt auch, wie zumeist, optimistisch und verwirrt nicht nur seinen Gegner (sondern auch den Analysten) mit seiner speziellen Anti-Französisch-Erwiderungsvariante. Was heißt hier Peter? Beide beweisen sehr viel Fantasie aber auch Großzügigkeit in ihrem Spiel, nimmt man die Notation für bare Münze. Was man wohl muss, denn sie geht bis zum Ende auf, auch wenn sich der Nachspieler mehrmals die Augen reibt und die Notation durchgeht.. Aber sie lässt sich bis zum (traurigen) Ende nachspielen. Nach fünf Zügen hat sich folgendes Stellungsbild ergeben: Sf3, a3, e5 und h3 gegen Sf5, d5, e6 und f6 – wahrlich ein eigenwilliges Bild. Irgendwie entwickelt sich dann doch eine nachvollziehbare Abfolge von Zügen. Spannend wird es werden, weil Weiß kurz und Schwarz lang rochiert. Beide Bauernwalzen scharen mit den Walzen; hätte Peter Lb4xLf8 unterlassen, stattdessen sich mit Sb1-c3 weiterentwickelt und nach dem evtl. Lf8xLb4 mit a3xLb4 geantwortet, wäre die a-Linie schon halb geöffnet gewesen. Keine schlechte Perspektive nach des Schwarzen 0-0-0.

Andreas legt sich ein faules Ei quasi selbst ins Nest. In sein englisches Nest. Wobei man ihm sozusagen einen groben Fehler weder nachweisen möchte bzw. nachweisen kann. Aber doch ist es so, dass der hehre Grundsatz, die Pläne nicht zu wechseln, sich hier mal wieder bewahrheitet. Was ist Sinn und Zweck der englischen Eröffnung? Sie ist flexibel, man kann in mehrere System noch umschwenken, je nachdem wie Schwarz reagiert. Aber einer ihrer absoluten Grundprinzipien ist es, die eigenen Leichtfiguren ins Spiel zu bringen und dort auch zu halten. Leider lässt sich Andreas zu e2-e4 verleiten, was u. a. die Wirkung seines Lg2 ein wenig konterkariert, zum anderen aber irgendwie verhindert, dass er seinen Lc1 ins Spiel bringen kann. Nachdem Schwarz Dd8-f6 zieht, ist Lc1-e3 (oder) f4 unterbunden. Der Bauer b2 darf nicht fallen. Der natürliche Zug wäre Dd1-b3 (übt ja auch Druck gegen b7 aus) aber Dd1-d2 fesselt Lc1 dauerhaft auf dieses Standfeld (Kein Ausgangsfeld, denn das würde ja bedeuten, dass der Läufer noch Ausgang bekommen würde…J). Noch sieht alles aus, als wäre es im Gleichgewicht. Hoffen wir, dass es sich zumindest nicht verschlechtert.

Herbert bietet den Mitspielern und seinem Gegner auch wieder was für’s Auge. So wie wir ihn halt kennen. Erst kann man meinen, dass er gegen seinen halben ehemaligen Verein Gastgeschenke verteilen möchte. Naja, möchten vielleicht nicht wirklich, aber er tut es. Gegen Manfred Maiwald, gegen den er ihm Vorjahr noch souverän und überzeugend gewinnen konnte. Aber in diesen modernen Zeiten ist halt nichts mehr so wie es früher mal war. Prinzipiell ist sein Aufbau solide und flexibel. Fast alle Leichtfiguren gut entwickelt auf der 7. Reihe, rochiert, auf beiden Flügeln die Bauern recht aggressiv aufgebaut – h6, g5 und a6, b5. Nur übersieht er die Bauernverlustdrohung auf dem Damenflügel, weil Lc8-b7 eben noch nicht erfolgt ist. B5xa4 wäre es gewesen; so verliert er nach a4xb5 auch noch b5xa6. Die weißen Riesen Le2 und Ta1 legen ihren Schutzmantel um den aufrechten Bauern.

Heiko tritt gegen Meister Porsch an. Ein Spieler, der sehr vorsichtig agiert, kein unnötiges Risiko eingeht. Keine überraschende Zwischenbilanz: nach 6 Partien 1 Sieg, 1 Niederlage und 4 Remis. Wahrscheinlich hat sich der gute Herr Porsch verwundert die Augen gerieben, als Heiko ihm nach Sg1-f3 d7-d5, d2-d4 h7-h6 vor die Nase gesetzt hat. Noch mehr hat er wohl seinen Augen nicht getraut, als darauf g7-g5 folgte. Irgendwann noch g5-g4 und nach Dd8-d7 (statt Lf5xSd3) 0-0-0 hätte bedeutet, dass es ein gar lustiges Spiel hätte werden können.

Sebastian ist immer noch dabei, seinen Weg zu finden, wie er welche Eröffnung spielen bzw. welcher Variante begegnen soll. Gut daran ist, dass er gründlich rechnet und überlegt, nicht ganz so gut ist, dass er mitunter noch zu optimistisch rechnet. „Rechne ein Zug weiter als dein Gegner!“ ist so eine Devise. Man sollte sie abwandeln. Beende das Rechnen nicht, wenn du die beste Erwiderung nicht findest, Dir aber Dein Gefühl sagt: „Sei nicht so optimistisch!“ Dies ist Sebastian gegen Stefan Herrmann passiert. Auch einer der Spieler, gegen den Gewinnen schwierig ist, weil er das Risiko scheut. Stark ist er im Ausnutzen gegnerischer Fehler, aber er ist auch der Spieler, der lieber ein Schritt zurück als einen vorwärts geht. Sizilianisch spielen die beiden, ruhig und unspektakulär – zunächst zumindest. Nur – und das muss mir mal einer erklären, wieso tauschen wir oftmals selber ab. Lass doch mal den Gegner zuerst schlagen. Sebastians Springer steht auf d4. Da gehört er hin. Punkt. Der Sc6 wird durch Dd8-c7 gestützt. Wieso das jetzt freiwillig tauschen und das Zentrumsfeld räumen??!! Lasst doch den Gaul da stehen, entwickeln wir uns lieber weiter. 0-0 z. B. oder auch Lc1-e3/g5. Wenn ich das Spiel gewinnen will, halte ich es zunächst ziemlich kompliziert. Das heißt, die Figuren bleiben auf dem Brett! Versetzt Euch mal in die Lage der Steine. 168 Stunden hat die Woche, davon bestenfalls werden sie beim Trainingsabend für 3 – 4 Stunden aus ihren Dornröschenschlaf geweckt und dürfen leben. Und beim Wettkampf, bei dem sie sogar bis zu 6 Stunden am Stück Frischluft schnuppern dürften, entsorgt ihr sie nach wenigen Zügen. Ihr seid ganz schön grausam! Freiheit für die Spielsteine! So, das musste jetzt mal gesagt werden! Nützt Sebastians Springer auch nix mehr – Sd4xSc6 ist geschehen. Es wird 0-0 und Schwarz zieht (ohne erfolgtes 0-0) d7-d5. Gemäß dem Motto: Kann ich als Schwarzer im Sizilianer d7-d5 ziehen, dann muss ich das tun! Gefordert, getan! D7-d5. E4xd5, c6xd5 nebst Sebastians Lc4xd5. Ich kann mir Stefans Reaktion und Blick bildlich vorstellen: „Hä?! Was ist das denn? Moment, ich muss mal rechnen!“

Michaels Partie fällt wieder einmal in die Kategorie „Haste das geseh’n?“ bzw. „Nicht aufgeben bevor der Gegner seinen letzten Fehler gemacht hat!“ In einer wahrlich vorbildlich gespielten Französisch-Nimzowitsch-Verteidigung fasst Michael wohl schon im 7. Zug den Plan, 0-0-0. Nur so ist c5-c4 zu erklären. B7-b5 soll die Erstürmung des Königs auf c8 verhindern. Manifestiert wird dieses Vorhaben durch Sb6-a4, der von seinem Vorposten auch den Bc3 ins Visier nimmt. Da sollte erstmal nix passieren, vorausgesetzt, es kommt noch 0-0-0.

Meinereiner spielt an diesem Tage gegen Thomas Rundé alias Andreas Vollmert. Spielt der doch dieselbe Eröffnung wie Thomas: D2-d4, Sg1-f3, Lc1-g5. Läuft anfangs auch alles prima. So wie gegen Thomas halt auch üblicherweise. Ich kann ihn sogar durch Dd8-b6 zu Dd1-c1 nötigen. Steht alles solide. Damen positionieren sich auf c4 und c7, der weiße Turm nach c1. Und wäre ich nun der Lengfelder Tradition gefolgt, die Randbauern auf die 6. Reihe zu rutschen (oder 0-0), wäre mir manches erspart geblieben. Aber es zeigt sich wieder einmal: nicht nur beim Angriff sondern auch in der Verteidigung ist v. a. die richtige Reihenfolge der richtigen Züge entscheidend.

Sergey hat es mit dem aufstrebenden Lorenz Hebig zu tun. Trotz seines noch jungen Alters hat er eines gemein mit Sergey – das gründliche Überlegen, das sehr sehr gründliche. Beide agieren in der verbesserten Steinitz-Verteidigung umsichtig. Keiner will auch nur einen Millimeter des Zentrums preisgeben. Bis dann im entscheidenden Moment (in der Regel so um den 15. Zug herum) wieder einmal einen unserer Aktiven ein kleiner taktischer Fehler unterläuft, dessen Auswirkungen in der gesamten Partie zu spüren sind. Nach d3-d4 (!) folgt f5xe4 und Sc3xe4. Doch nach d6-d5 hätte Sergey noch gründlicher alle Varianten durchrechnen sollen. Es gibt halt drei. Und wie im wirklichen Leben: Drei sind mitunter einer zu viel (Gab’s da nicht mal eine Fernsehserie mit Jutta Speidel, Thomas Freitag und Herbert Hermann? Die wussten es auch schon: Wer drei (oder mehr) zur Auswahl hat, trifft selten die richtige Entscheidung.) In diesem Fall stehen in Konkurrenz Se4-g3/c3/c5. Se4-c5 wäre das Ei des Kolumbus. Denn das verhindert e5-e4 mit Angriff auf Sf3. Se4-c5 greift den ungeschützten Le6 (und im Nachgang Dd8) an. Folge: Man fetzt sich im Zentrum – aber alles im Gleichgewicht. Schwarz kontrolliert das Zentrum, Weiß hat die bessere Bauernstruktur. Aber so dominiert Schwarz das Zentrum und Sergey hat nicht wirklich viele aktive Möglichkeiten. Hoffen wir, dass Sergey doch noch kombinatorische Fähigkeiten an den Tag legen kann.

Peters Partie hat schon ihren eigenen Charme. Gemäß dem Motto, was interessieren mich des Gegners Angriffsbemühungen lassen beide die Heerschau ihrer Armeen auf dem jeweiligen Angriffsflügel beginnen. B4-b5 vertreibt Lc6-b7. Jetzt mit a4-a5 nachgesetzt und Schwarz müsste sich doch bisl mehr um seine Verteidigung kümmern als das nach Peters Sc3-d1 der Fall ist. A4-a5 hätte wohl schneller Früchte davon getragen als das Genannte, verfolgt von c2-c4. Aber nun ja, es geht weiter. Nach g7-g5 kann Peter eines seiner edlen Rösser auf e5 verankern, nicht ohne eine erfreutes „SCHACH“ gen Kd7 zu wiehern. Sieht gut aus für Peter. Sein König in sicherer Ummauerung, der schwarze König auf der Flucht. Ein rückständiger Be6 versucht seinem König beizustehen. Ungeschützte schwarze Figuren (Le4, Df6) lassen das Beste für Peter hoffen. Aber statt auf dem Damenflügel für den Durchbruch zu sorgen, rutscht einer seiner Rösser auf dünnes Glatteis nach g4, obwohl ein feindlicher Bauer auf h5 gar offensichtlich ihm dort den Garaus machen könnte. Macht er aber seltsamerweise nicht – und das für 7(!) Züge! 7 auf einen Streich, das kenn ich irgendwoher. Stattdessen spielen sich in diesen 7 Zügen seltsame Manöver ab. Beide scheinen wie hypnotisiert vor den gegnerischen Steinen/Zügen zu verharren. Tu Du mir nix, ich kann Dir auch nix tun, bis nach Se7-d5 De3-a3 erzwungen ist. Ungeschützte Figuren werden beidseits großzügig am Leben gelassen. „Ich kann einen Springer schlagen! Springer? Will ich nicht! Meine Dame ist angegriffen? Interessiert mich nicht, ich greif seine an!“ Bis vor lauter gegenseitiger Missachtung bzgl. der Schlagmöglichkeiten Schwarz zu Df4-g3 greift. Ob absichtlich oder zufällig, man weiß es nicht. Jedenfalls ist nach 90 Minuten Matt auf g2 (Dg3 unterstützt von Tc2) für Peter nicht zu verhindern – 0:1.

Man sieht es dem Spielverlauf an: Andy fühlt sich zusehends unwohl in seiner Haut. Die schwarze Dame sitzt wie eine fette Wanze auf d4 und befragt Andys Dame, ob sie nicht mit ihr den letzten Tanz bestreiten will. Wodurch natürlich Gewinnwegchancen für Andy minimiert würden. Andy will gewinnen. Also kein Damentausch. Löblich! Wenn man gewinnen will, sollte man auch auf Sieg spielen. Doch ein wirkliches sicheres und gutes Feld ist nicht in Sicht. Die beiden schwarzen Läufer, obwohl auf c8 und g7 stehend, sind einfach zu stark, beherrschen viel Raum. Andys Dame flüchtet nach b4, um von dort mittels a7-a5 vertrieben zu werden – über b3 nach c2. Schwupps folgt Lc8-f5. Jetzt muss es sein. Die Damen werden doch getauscht. Td1xDd4 nebst Lf5xDc2. Und nun finde mal ein vernünftiges Feld für den Turm. Es gibt keines mehr. Denn wie ein Damoklesschwert hängt a4-a3 noch über des Andys Bb2 bzw. Ta1. Andy entschließt sich zu Td4-d2. Folge: Lc1, der mal für 2 Sekunden davon träumen durfte, aus seinem miefigen Stall entlassen zu werden, wird weiter dort verharren. So ist letztendlich auch nicht Te8-e1+ nebst Turmverdoppelung Ta8-e8 zu verhindern. Ganz langsam gehen die Lichter aus. Te8-e4 kostet einen Bauern, wahlweise c4 oder g4. Eigentlich ist es schon egal. Andy kann nur noch hoffen, dass sein Gegner sich selber eine Falle stellt. Aber das tut er nicht, Spätestens nach Lg7-e5 ist alles aus und vorbei. Wenige Minuten nach Peters Niederlage steht es 0:2.

Wie Herbert noch aus der Nummer rauskommen will? Keine Ahnung! Das Brett ist voll. Voller Figuren, die viel Platz haben. Und v. a zwei Freibauern auf b5 und a6! Das wird Meister Maiwald ruhig nach Hause spielen. Das einzige, was Herbert noch hoffen lässt, ist die Tatsache, dass dessen weißer Lh2 dort eingesperrt sitzt. Bis der mal wieder das Licht des Lebens erblickt, fließt noch viel Wasser die Kürnach hinunter. Dann will auch noch die weiße Königin ihr Scherflein dazu beitragen, den schwarzen Widerstand endgültig zu brechen. Sie nimmt Kurs Richtung e-Linie. Keine schlechte Idee – Stichwort Verdoppelung. Aber schlecht kann allen Gastspielern werden. Denn nach De2-e6 wendet sich das Blatt. Das erkennt Herbert (sofort?): Db6xDe6 Lc4xDe6 und Le8xb5xa6 ist die Folge. Die einst so stolzen und siegesgewissen Bauern kommen gemeinsam in die Schachtel. Die Kontrahenten einigen sich auf Remis. Nimmt man es genau, hätte Herbert nicht nur auf Grund des Gesamtspielstandes weiter spielen müssen. Plötzlich steht er ob des Pfostenhalters Lh2 spürbar besser. Aber dieses Spiel hat keinen Gewinner verdient. Es steht ½: 2 ½.

Nach dem Leichtfigurentausch auf d3 kommt Heiko 0-0-0 einfach nicht in den Sinn. Aber h5-h4 kommt ihm in hervorragender Weise in den Sinn. Nur nach g3xh4 kommt ihm statt Th8xh5 nur Th8-h4 in den Sinn. Oder ist ihm der Turm ein Feld zu früh aus der Hand auf’s Brett gerutscht? Wäre schon ein arg blöder Magnetismus … J. Trotzdem gelingt es Heiko, aktiv das Spiel zu gestalten. Auf dem Zentrumsfeld e5 werden Läufer und Bauern und Türme getauscht, sodass er Bh4 doch noch zurück erobern kann. Obwohl man Damen ja nicht schlagen sollte, werden beide geschlagen – was für Grobiane! Ein interessantes Endspiel entsteht. Jeweils Turm, Springer und ungleichfarbige Läufer nebst je 6 Bauern; da könnte man noch was versuchen. Aber sie einigen sich auf das wohl gerechte Unentschieden zum 1:3.

Stefan rechnet, Stefan rechnet lange, sehr lange. Sebastian wartet lange, sehr lange, bis Sf6xLd5 erfolgt. Dann noch Sc3xSd5 e6xSd5 und als Pointe Dd1xd5 mit Angriff auf Ta8 bzw. Schachdrohung durch Tf1-e1. Lf8-e7 als Erwiderung auf Sebastians Tf1-e1+ war klar. Sollte sich das für Sebastian gut ausgehen? Den König in der Mitte zu stellen? Gute Idee also? Eine im wahrsten Sinn des Wortes merkwürdige auf jeden Fall. Aber falls das wirklich so einfach wäre, würden sich alle Schachspieler dieser Welt fragen, warum noch keiner darauf gekommen ist. Das wäre ja sozusagen eine neue Eröffnungsfalle, geboren in Lengfeld. Im 21. Jahrhundert! Wir wären mit einem Schlag, äh Zug natürlich, weltberühmt! Wir würden sie nach dem Erfinder benennen – Ehrensache! Die Kraftfalle – welch eine Ehre. Doch leider leider leider dürfen wir die o. g. Devisen nicht außer Acht lassen, v. a. in diesem Moment die zweite. Denn die Antwort ist ganz einfach für Schwarz nach Dd5-g5. 0-0-0 wäre die schärfste, da Dg5xLe7 sich verbietet wegen Dc7xDe7, Te1xDe7 und dem Bombenzug … Den dürft Ihr Euch selber erdenken. Stefan nahm die schwächere Variante: Ke8-f8 und alles ist geschützt. Und das Ende vom Lied: 1 Läufer weniger, zwei Bauern mehr – kein „gut Tausch“ für Sebastian. V. a. falls man berücksichtigt, dass die beiden „Ausgleichsbauern“ auch bald nicht mehr am Leben sind. So kann Sebastian nur noch darauf hoffen, den Th8 so lange wie möglich vom Mitspielen fern zu halten. Mit den beiden Türmen auf der e-Linie für Unruhe zu sorgen. Oder auf der c-Linie. Aber das gelingt nicht; vielmehr tauscht er Türme gegen Dame und kämpft mit seiner Monarchin wie Don Quichote gegen die Windmühlen. Einen freien Bauer kann er erobern, Schwarz trennt seine Türme und ermöglicht Sebastians Dame das Eindringen auf h6. Bedeutet Bauerngewinn auf h7 oder nerviges Schach auf c1. Stefan ist (wohl zu Recht) der Meinung, dass zum einen der Mannschaftswettkampf für die Gäste gewonnen ist und zum anderen, dass es ein langes Unterfangen wird, die Partie zu gewinnen. So nimmt er mannschaftsdienlich das Remis an zum 1 ½ :3 ½.

0-0-0 erfolgt, jedoch bringt Michael seinen König etwas zu früh in Sicherheit. Unterschätzt (oder übersieht) das Aufbrechen der f-Linie nach f4-f5. Dann wäre der Wasser- äh Turmeinbruch auf f7 zu verhindern gewesen. Aber so wird’s echt kritisch. Der g7-Bauer geht verloren, der weiße Turm treibt auf der 7. Reihe sein Unwesen. Bh6 geht auch verloren, was also 2 Minusbauern bedeutet. Michael versucht kampfhaft, die Stellung zu halten. Was aber wohl schief gegangen wäre, hätte Weiß nicht nach Ld2-c1 Michael Sa4xc3 ermöglicht. Plötzlich wird der auf a4 festgeklebte Springer zum wandelnden Riesen. Auch wenn die beiden weißen Freibauern schon auf g5 und h5 auftauchen, kann Michael mit seinem Springer-/Läufer- gegen das weiße Läuferpaar Boden gut machen. Nachdem auch noch die weißfeldrigen Läufer getauscht sind, besteht wieder berechtigte Hoffnung. Der weiße Läufer kann gegen die weißfeldrigen Bauern Michaels auf dem Damenflügel nichts ausrichten. Und als Weiß noch den Fehler begeht, seinen c-Bauern gegen Michaels a-Bauern zu tauschen, hat Michael auf einmal einen Freibauern auf der c-Linie. Weiß weiß gar nicht mehr, wie ihm geschieht, was er ziehen soll. Bis ihm klar wird, dass er seine beiden Freibauern gegen Michaels c-Bauern tauschen muss. So einigt man sich auf Remis: 2:4.

Bei meinereiner erweist sich die genannte falsche Zugfolge als Anfang vom Ende. Dc4-d4 nimmt den schutzlosen Sf6 auf’s Korn. Und ich sehe das Elend auf mich zukommen. Alle Winkelzüge werden nicht helfen. Und die eine rettende Kombination will mir nicht einfallen. Die eine, die statt des Springer- nur einen Bauernverlust bedeuten würde. Ok, lassen wir die dann etwas zerstreute Bauernstruktur außen vor. Aber man hätte es noch spielen können. So ist mein Gegner so großzügig und verschmäht den Springer, ist er sich sicher, dass sein Mehrbauer, der von b2 aus startend über b2-b4xLc5xb6 siegbringend sein wird. Spätestens nach seiner Turmverdoppelung ist mir klar, dass ich an diesem Tage nicht auf Michaels Motto hoffen kann. Selbst den letzten Fallstrick, den ich ihm vorwerfen kann (Tc7-c8, um b7-b8=D vorzubereiten), umschifft er, denn nach Tc7-c8 folgte Tb1xb7. Und dann stünden sich 4 Türme Aug in Aug gegenüber. Aber so spiele ich weiter. Mein Gegner hat sich ob des fehlerfreien Spiels das Mattsetzen verdient: 2-5.

Sergey versucht weiterhin, Oberwasser zu bekommen. Doch die halboffene f-Linie, auf der sich die schwarzen Türme verbrüdert haben, die beiden schwarzen Läufer, die sich auf dem Königsflügel zusammen mit ihrer Königin versammelt haben und die Bauern, die von c6 über d5 bis zu e4 die Bewegungsmöglichkeiten Sergeys (von Bewegungsfreiheiten kann man da nicht sprechen) einschränken, dominieren das Geschehen. Dann wieder eine Ungenauigkeit: C2-c4 wäre nötig, um im Zentrum dagegen zu halten. Doch nach Ld4xa7 fällt das letzte weiße Ankerchen im weißen Zentrum. Dg5xe5 lässt die schwarzen Bauern mittelfristig zu Riesen werden. Es kommt das Thema Zeitnot hinzu. Man sieht es Sergey quasi an. Es fällt ihm immer schwerer, klare Entscheidungen schnell zu treffen. Und noch schwieriger sind die schwierigen Entscheidungen zu treffen. Die entscheidende Schlacht tobt im Zentrum: Td1 positioniert sich gegenüber Dd5. De2 schützt Td1. Sergey schlägt c3xd4, Schwarz antwortet Le6xb3. D4xc5 mit Gardé. Lb3xTd1 ebenfalls mit Gardé! Beide Damen kämpfen um ihr nacktes Überleben. Rechnen bis zum Umfallen bei wachsender Zeitnot. Was hilft einem bei solch Überlegungen? Z. B. Wissen. Wissen dahingehend, dass, wenn ich Material verliere, möglichst viel auf dem Brett belassen sollte. Also nicht die Damen tauschen. Leider kann sich Sergey nicht zu Tf1xLd1 durchringen, was ihm zumindest einen Springer und Freibauern auf der a-Linie als Ausgleich für den Turm verschafft hätte. Aber nach dem Damentausch kann Schwarz das Geschehen weiter bestimmen. Läufer verschwinden. Und als auch noch Sergeys letztes Hoffnungsschimmerchen min Form des Freibauers gefressen wird, ist das Ende nicht mehr weit. Auch die Notation ist zu Ende, zumindest dich nachspielbare. Der Wettkampf endet 2:6. Ein Glück, dass jetzt der Platz zu Ende ist, sonst müsste ich noch eine niederschmetternde Zusammenfassung bzw. Aussicht auf die nächsten Spiele hier noch verfassen. Keine Lust dazu!

Mc Hofi

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